Friedensglocke

Schwerter zu Pflugscharen

SCHWERTER ZU PFLUGSCHAREN

 

Laut und klar klingt es über den Heuchelhof, mittags um 12.00 Uhr, jeden Samstag um 15.00 Uhr, wenn der Sonntag eingeläutet, wird oder zum Gottesdienst.

Der tiefste Ton aus dem Glockenturm von Gethsemane stammt von der 654 kg schweren Friedensglocke. Doch warum heißt sie so? Unser Stadtteil ist zutiefst von Menschen geprägt, die aus Ost und West zusammengekommen sind. Noch vor 35 Jahren hätte sich niemand vorstellen können, wie wenige Jahre später der Eiserne Vorhang zwischen Ost- und Westeuropa, zwischen Ost- und Westdeutschland fällt. Doch dank der friedlichen Revolution der Menschen in der DDR und manch anderem glücklichen Umstand konnte Deutschland zusammenwachsen und eine neue Heimat auch für Deutsche von ganz weit im Osten werden. Viele kamen aus Rumänien und noch viel mehr aus allen Teilen der Sowjetunion, besonders aus Kasachstan. Unsere Gethsemanegemeinde wächst seitdem in friedlichem Miteinander der Menschen zusammen, die ehemals vom sozialistischen Osten geprägt wurden oder die im marktwirtschaftlichen Westen groß geworden sind.

Hier wächst wirklich zusammen, was zusammengehört. Da lag die Idee rückblickend auf der Hand, dieses friedliche Wunder auch erklingen zu lassen. Herr Schunk, damals Inhaber der Apotheke am Place de Caen, hatte die Idee zur Umsetzung: Waffen aus Ost und West sollten zu einer Friedensglocke werden. Im Dezember 1996 wurde sie in Lauchhammer bei Dresden aus abgerüstetem sowjetischem Waffenmaterial gegossen. Der Klöppel, also das Schlagwerkzeug, wurde in der Lehrwerkstatt der Firma König & Bauer in Würzburg unter der Leitung des Schulleiters Reinhard Munz aus einem Geschützrohr und einer Mörsergranate zusammengeschweißt. Beides kam aus entschärften Beständen der Bundeswehr.

Abgerüstetes Kriegsmaterial aus Ost und West treffen beim Läuten dieser Friedensglocke zu friedlichen Klängen aufeinander. Allerdings war dann der Klöppel doch nicht haltbar genug und drohte zu einem Sicherheitsrisiko zu werden. Deshalb bringt heute ein geschmiedeter Klöppel die Friedensglocke zum Klingen. Dieses Wunder, dass aus Krieg Frieden wachsen kann und soll, haben Menschen bereits zu biblischen Zeiten geglaubt: „Schwerter zu Pflugscharen“ heißt es beim Propheten Micha im 4. Kapitel, Vers 3. So durfte es unsere Gethsemanegemeinde erfahren und so werden wir für die Zukunft zum Frieden angestiftet. „Schwerter zu Pflugscharen“ war übrigens auch das Motto der Friedensbewegung in der DDR, die maßgeblich zum friedlichen Ende der sozialistischen menschenverachtenden Diktatur beigetragen hat.

Dank des Einsatzes der Schlosserei Hauck aus Himmelstadt und von Ernst-Martin Eras sowie aus Spendenmitteln konnte der ursprüngliche Klöppel aus Granate und Kanonenrohr nun am Glockenturm ausgestellt werden.

Max von Egidy und Gisela Selbach